Workation in Norwegen: Bevor alles begann.

Mir wurde das Privileg zuteil, eine Workation in Norwegen zu verbringen. Wie kam es dazu?

Workation in Norwegen: Bevor alles begann.
Küstenlandschaft zwischen Verstersand und Eggum (Norwegen) — Foto: Manuel Weidmann

Mir wurde das Privileg zuteil, eine Workation in Norwegen zu verbringen. Arbeit im Verbund mit einem neuen Abenteuer. Da Norwegen immer ganz oben auf meiner Liste von Wunsch Reisezielen stand, habe ich die Gelegenheit beim Schopf ergriffen.

Inhaltsverzeichnis


Wie es dazu kam

Wenn die Pandemie uns eins gelehrt hat, ist es: „Arbeiten kannst du auch von Zuhause!“ — Zugegeben, das gilt nicht für jeden Beruf. Aber ein Entwickler, so wie ich, hat die Pandemie die meiste Zeit daheim verbracht, zwischen Computer am Küchentisch und Kinder bespaßen. Ich hatte zwar das Glück ein voll eingerichtetes Büro zu haben, aber damit war ich die Ausnahme. Die ganz Schlauen unter denen, die diese Lektion lernen mussten, haben es noch einen Schritt weiter gebracht: „Arbeiten kannst du von egal wo aus!“. Ich bin überzeugt, dass die Pandemie dem Konzept Workation zum neuen Mainstream Chic verholfen hat.

So haben Kollegen die Zeit genutzt, als Reisen wieder einigermaßen problemlos möglich war, und sind nach Asien oder Amerika gereist, um von dort zu arbeiten. Den Berichten zufolge war dies auch mehr oder minder erfolgreich. Mehr oder minder, weil das ganze mit Hürden verbunden war: Unterschiedliche Zeitzonen machten Meetings oder gemeinsame Arbeit schwierig. Nicht an die Bedürfnisse angepasste Arbeitsplätze machten lange Stunden zur Qual. Schlechte oder fehlende Internetverbindungen ließen einen kommunikativ gestrandet. Als die Idee zu reifen begann, habe ich mir gesagt, dass ich diesen Problemen entgehen wollte.

Foto von pexels.com – Djordje Petrovic 

Nun kam alles zusammen: Ich wusste, wohin. Ich wusste, was ich vermeiden musste. Ich wusste, was ich dort tun muss. Jetzt galt es, den Ball ins Rollen zu bringen.


Die Idee!

Allmählich wurde der Gedanke greifbar. Also habe ich das Ganze visualisiert:

  • Wohin: Norwegen, auf die Lofoten. Da wollte ich immer schon mal hin.
  • Wann: Anfang 2023, im Winter. Vordergründig wegen der Nordlichter. Aber auch, da die lange Dunkelheit mir beim Arbeiten helfen würde.
  • Wie lange: ein Monat. Ein kürzerer Aufenthalt machte, in meinen Augen, keinen Sinn.
  • Wo arbeiten: in einem Co-Working-Space: gute Anbindung, passende Einrichtung und Arbeitsvoraussetzungen.
  • Wo übernachten: in der Nähe, wenn möglich, als Kombination mit dem Co-Working-Space. Kein Pendeln.
  • Verpflegung: selbst verpflegen und bereits Vorräte mitnehmen. Es ist günstiger, da die Lebensmittelpreise in Norwegen recht hoch sind und dauernd auswärts essen, nicht infrage kommt.
  • Transportmittel: Mit dem Auto, denn es ist leichter das ganze Material (Essen, Kleider, Utensilien, Arbeitsmaterial …) zu transportieren.
Foto von pexels.com – Ivan Samkov

Die Idee stand, in groben Zügen. Jetzt musste ich es noch „machen dürfen“.


Family First.

Es gab eine Sache, die alles etwas schwieriger machen würde: Ich würde allein fahren müssen. Eine schwere Entscheidung, aber unumgänglich, da alle, die ich mitnehmen mochte, andere Verpflichtungen haben. Bevor ich überhaupt anfangen konnte, wusste ich, dass meine Familie hinter meiner Entscheidung stehen musste, eine gewisse Zeit komplett weg zu sein. Ohne das, würde ich die Idee nicht weiter verfolgen. Das war ein entscheidendes Kriterium. Alle mussten zustimmen und jeder hat das gleiche Recht „Nein“ zu sagen: meine Frau oder jedes der Kinder. Die Entscheidung musste einstimmig sein. Punktum!

Bevor ich mit den Kindern gesprochen habe, bin ich auf meine Frau zugegangen. Klartext und ohne Umschweife habe ich ihr meine Idee dargebracht. Wie zu erwarten, wurde ich erst mit skeptischem Blick empfangen und einem Schwall an Fragen. Doch nachdem ich meine Gründe erläutert hatte, bekam ich ihr „Okay, wenn du das machen musst, dann tu es.“

Den Kindern wollte ich es ebenso gerade raus sagen. Sie verdienen die ehrliche, ungeschönte Version und ich wollte ihnen keine Märchen erzählen, nur weil es „Kinder“ sind. Offenheit bringt nicht nur mich weiter, sondern auch sie, da sie auch Teil des Entscheidungsprozesses waren. Es war mir klar, dass sie es nicht beim ersten Mal begreifen würden, dafür ist ihnen das Konzept zu fremd und ihre Welt zu klein. Nach einigen ehrlichen Unterhaltungen, hatten sie verstanden, was vor sich ging und ich bekam auch das Einverständnis der Kinder. Aber ihre Bedingungen waren weitaus umfangreicher! Neben täglichen Videomeetings inklusive Gute-Nacht-Geschichte musste ich ebenfalls einige Besorgungen für sie machen. Nur dann war es für sie okay.

Foto von pexels.com – Ron Lach

Da ich nun wusste, dass meine Familie hinter mir steht, musste ich mein Vorhaben an meinen Arbeitgeber heranbringen.


Der erste offizielle Schritt.

Bereits Monate bevor ich auf dieses Abenteuer gehen wollte, wusste ich: transparente Kommunikation ist hier das „A“ und „O“. So bin ich offen auf meine Vorgesetzten zugegangen, um ihnen von der Idee zu erzählen und zu fragen, ob ich ebenfalls von diesem Mitarbeiter Vorteil profitieren könnte. Ich habe meinen Plan dargelegt, Daten genannt und welche Vorkehrungen ich treffen wollte, um nicht in die vergangenen Probleme hineinzulaufen. All das hat sich ausgezahlt. Ich habe die Genehmigung erhalten, mit dem Vorbehalt: Die Kommunikation vor Ort soll mehr als transparent bleiben.

Meine Kollegen, besonders die, mit denen ich direkt zusammenarbeite, sollten informiert werden. Dazu sollte ein Meeting dienen, welches ohnehin wieder vor der Tür stand. Ich wollte diese Gelegenheit nutzen und allen erzählen, was ich vorhatte. Wie es aber nun mal ist, wurde dieses Meeting verschoben und verschoben, da wichtigere/dringendere Dinge anstanden. So habe ich mit einzelnen Kollegen bei zufälligen Begegnungen darüber gesprochen und den Rest dem Flurfunk überlassen. Ich wurde oft mit Neugier, aber auch Skepsis begegnet. Aber insgesamt war die Stimmung optimistisch, was mich beruhigte.

Foto von pexels.com – fauxels

Es gab aber Fragen, dessen Antworten ich besser auf ein Tonband aufgenommen hätte. Fragen, die ich immer wieder gestellt bekam.


Eine wiederkehrende Frage.

Eine Frage, die ich mehr als alle anderen gestellt bekam, war die folgende:

🤷‍♂️
Warum willst du das überhaupt machen? 

Die Antwort auf diese Frage, die ich auch allen gegeben habe, die mir diese Frage gestellt haben, ist, so banal die Frage klingt, nicht so einfach zu beantworten.

Ich bin ein Mensch, der schnell gelangweilt ist. Per se ist Langweile ja nichts Schlechtes, es kann dem Geist etwas Ruhe bringen. Aber es ist auch das Tor zu dummen Gedanken. Vielleicht ist diese ganze Reise nichts anderes als ein dummer Gedanke, was ich aber bezweifle. Was aber kann man tun, wenn man gefangen ist in diesem ewigen Trott von Alltag und Routine? Mein Wundermittel dazu ist ein Tapetenwechsel! Ich ändere etwas, um aus dem Teufelskreis auszubrechen.

Konkret gesagt, ich fühlte mich in meinen Alltagstrott regelrecht gefangen. Jeden Tag die gleiche Routine, mit der wöchentlichen Varianz. Aufstehen, Arbeiten gehen, manchmal die Kinder an beliebiger Stelle hinfahren oder abholen, Essen, Schlafen. Mit diesem Trott kommen auch einige existenzielle Fragen zurück: Warum machst du das Ganze eigentlich? Geld? Um eine Arbeit zu haben? Soll das jetzt ewig so weitergehen? Was trägst du so deinem Familienleben bei? Hierbei handelt es sich ganz klar um „First-World-Problems“ und mir ist bewusst, dass andere Menschen in viel schlimmeren Situationen sind. Aber gelegentlich schaue ich mal auf mich selbst und ich war nicht glücklich in meiner Situation. Etwas musste sich ändern.

Es geht primär darum, etwas anderes zu erleben, auszubrechen. Sinn ist es mich neu zentrieren und auch das zu schätzen lernen, was ich habe. Aufhören, dem nachzujagen, was ich nicht habe. Ich muss aus meiner Komfortzone heraus, neues entdecken und lernen. Ich stelle mich neuen Herausforderungen, begegne neuen Schwierigkeiten, löse Probleme, die ich noch nie hatte und sammle kostbare Erfahrungen und wertvolle Erinnerungen. Das gilt natürlich in erster Linie für mich, dass ich das in mein Leben einfließen lassen kann. Möchte aber auch andere, Familie, Freunde und Kollegen daran teilhaben lassen.

Es geht darum, eine neue Perspektive zu gewinnen.

Foto von pexels.com – Denise Rodrigues dos Leal

Addendum

An dieser Stelle möchte ich ein großes Dankeschön an Interactive Pioneers, das digitale Brandstudio aus Aachen, ausrichten, die mir das alles überhaupt ermöglicht haben. Vielen Dank an die Geschäftsführer Carlo Matic und Željko Pezely und an alle meine Kollegen dort.

Mein größter Dank geht aber an meine Familie. Kathrin, Anna und Lea. Ohne eure Unterstützung und Rückendeckung hätte ich das nie machen können 💖